„Das Ganze im Blick gehabt“

Veröffentlicht am 28.07.2012 in Presse

Karl Pollhammer aus Pfeffenhausen

Kreisrat a. D. Karl Pollhammer erinnert sich an die erste Kreistagswahl vor 40 Jahren

110 Jahre nach der Gebietseinteilung von Montgelas stand dem Landkreis Landshut eine tiefgreifende Veränderung bevor: 1972 wurde im Zuge der Gebietsreform zwischen Laaber, Isar und Vils der neue Landkreis Landshut gegründet. Am 11. Juni 1972 fanden die Kreistagswahlen statt und am 25. Juli 1972 fand die konstituierende Sitzung des ersten Kreistags des neuen Landkreises Landshut statt. Mangels Sitzungssaal wanderte der Kreistag bei jeder Sitzung in ein anderes Gasthaus. „So lernten wir den neuen Landkreis Landshut in seiner ganzen Größe gleich kennen“, so Karl Pollhammer.

Karl Pollhammer aus Pfeffenhausen war einer der ersten Kreisräte, und er erinnert sich an diese Zeit des Umbruchs zurück. „Den SPD-Ortsverband Pfeffenhausen gab es damals bereits – das bekannte Gründungsdatum ist 1947, vermutlich gab es den Ortsverein auch schon vor dem Zweiten Weltkrieg, aber die Unterlagen darüber sind alle verschwunden, da die SPD verboten war“, so Pollhammer. Der Ortsverein gehörte zu den SPD-Gliederungen im alten Landkreis Rottenburg und für die Kreistagswahl 1972 mussten zuerst einmal die Partei-Strukturen verändert werden. Deshalb gründete sich im Januar 1972 in Ergoldsbach der SPD-Kreisverband in seiner heutigen Form.

Das Gebietsdenken war damals sehr ausgeprägt, galt es doch auch, aus bisher drei Kreistagsgremien ein gemeinsames zu schmieden, Verwaltungen zusammenzulegen und Kompetenzbereiche neu zu schaffen.

Die Begeisterung, die Willy Brandt in den jungen Menschen ausgelöst habe, habe auch ihn veranlasst, im Januar 1972 in die SPD einzutreten. Bereits im Frühsommer wurde der 31jährige Karl Pollhammer in Pfeffenhausen für die SPD als Bürgermeisterkandidat nominiert und für die Kreistagswahl aufgestellt.

Der Verwaltungs-Oberinspektor bekam Platz 15 auf der SPD-Liste und kandidierte mit bereits erfahrenen Kreisräten wie Andreas Zauner aus Neufahrn und Hans Schweier aus Rottenburg für den nördlichen Landkreis Landshut.

Die SPD-Liste war auch die Liste, auf der die meisten Frauen kandidierten, weiss Karl Pollhammer zu berichten: drei Frauen stellten sich für die SPD zur Wahl, es sollte aber noch 12 Jahre dauern, bis mit Irene Janner aus Vilsbiburg die erste Sozialdemokratin als Kreisrätin gewählt wurde. Dem neuen Kreistag gehörte 1972 lediglich Liesel Bauer aus Kumhausen als einzige Frau an.

Die SPD-Fraktion konnte 14 von den 60 Kreisräten stellen und der 31jährige Karl Pollhammer schaffte es bei der ersten Kreistagswahl auf Anhieb in den Kreistag. Er denkt gerne an die spannenden sechs Jahre der ersten Legislatur-Periode zurück. Viele Aufgaben galt es zu bewältigen: Die Zeit der Realschulgründungen fällt in diese Epoche – so wurde mit dem Bau der Realschule Rottenburg und Ergolding begonnen, für das Vilsbiburger Gymnasium liefen die Planungen und auch das Sonderpädagogische Förderzentrum in Bonbruck wurde damals in Angriff genommen.

Heftige Diskussionen gab es in Pfeffenhausen, als aufgrund geringer Schülerzahlen die Hauswirtschaftsschule aufgelöst wurde, erinnert sich Karl Pollhammer. Das Interesse der Mädchen, auf die Hauswirtschaftsschule zu gehen sank, andere Berufe schienen attraktiver. Und so wurde die Schule an der Moosburger Straße aufgelöst. Dennoch sollte das Gebäude noch einige Jahre als Schule dienen, so Karl Pollhammer:

Die Dorfschulen wurden aufgelöst, die Pfeffenhausener Volksschule platzte dadurch aus allen Nähten, die Planungen für den Anbau waren noch in weiter Ferne und so wurden in die alte Hauswirtschaftsschule zwei Grundschulklassen einquartiert.

Und auch die Gesundheitsvorsorge nahm breiten Raum in der Kreistagspolitik vor 40 Jahren ein: Damals gab es noch die Kreiskrankenhäuser in Niederhatzkofen, Velden und Vilsbiburg. Das Achdorfer Krankenhaus wurde neu gebaut, nachdem die Stadt Landshut das Ansinnen abgelehnt hatte, auf dem Gelände des Städtischen Krankenhauses (heute „Klinikum“) zu bauen. Und aus dem alten Krankenhaus in Achdorf wurde das Landratsamt und die über zehn Dienststellen, die im ganzen Landkreis verteilt waren, konnten so zusammengelegt werden.

Das gemeinsame Ganze war das Ziel, so Karl Pollhammer. Allerdings dauerte es etliche Jahre, bis das Gebietsdenken ein Ende hatte und wirklich alle Kreisräte den neuen Landkreis Landshut als gemeinsame Aufgabe ansahen. Für ihn war es die einzige Periode im Landshuter Kreistag, da er aus beruflichen und terminlichen Gründen kein zweites Mal mehr kandidierte. Doch er freut sich, dass die SPD Pfeffenhausen seit 1984 ununterbrochen im Kreistag vertreten ist – mit Arno Wolf und seit 2002 verstärkt mit Ruth Müller. So könne er zufrieden auf sein politisches Erbe von 1972 zurückblicken.

 

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